Das Ende der High-Tech-Komfortzone: Haben Sie das Zeug zum »Frugal Innovator«?

Traditionell sind F&E-Abteilungen die (mehr oder weniger) kuschelige Komfortzone der Nerds. Im Ergebnis entstehen oft Produkte, die durch ausgefallene Gimmicks begeistern, am eigentlichen Bedarf des Kunden aber vorbeigehen. Das klassische Over-Engineering. Dabei ist auch das Prinzip Einfachheit eine spannende und vor allem lohnende Entwickleraufgabe: Wie gelingt uns eine Innovation ohne jeden Schnickschnack? Eine Lösung, die so schlank und sparsam ist, dass sie auch für Kunden mit kleinem Budget erschwinglich ist? Und die trotzdem unserem guten Namen gerecht wird?

Erfolgsbeispiele frugaler Innovationen

Beispiele für solche frugalen Innovationen (frugal = engl. für einfach, schlicht) jenseits von Plüsch und Klimbim bieten die Erfolgsgeschichten renommierter Unternehmen wie Siemens, IKEA, Accor und Mettler-Toledo. Siemens zeigt u.a. im Medizingeräte-Bereich, dass gute Qualität auch im Einstiegssegment möglich ist. IKEA hat sich den Ruf als das Möbelhaus für Kunden mit kleinem Geldbeutel und hohem Designanspruch gesichert. Accor punktet mit einem gelungenen Schulterschluss von Elite- und Budget-Hotels. Und Mettler-Toledo zeigt, dass auch Schwellenmärkte Wert auf Präzision im Messgerätebereich legen, wenn sie mit schlanken, robusten Lösungen einhergeht.

Frugale Innovationen, das zeigen die Beispiele, bieten viele Vorteile. Als Entry-Level-Produkte schaffen sie einen Zugang zu neuen Märkten, auch für das Hochpreis-Segment, denn sparsame Kunden von heute entwickeln sich nicht selten zu gutsituierten Kunden von morgen. Sie ermöglichen es, der Billigkonkurrenz frühzeitig eigene Lösungen gegenüberzustellen und damit die eigene Marktposition vor dem Angriff von unten zu schützen. Und sie bieten Lernchancen – gerade für die erfahrenen Tüftler (und geliebten Nerds) der Forschungs- und Entwicklungsabteilungen.

Quick-Check »Frugal Innovation Index«: Mit 20 Fragen zu 5 Innovationsimpulsen

Haben Sie schon erste Schritte in die frugale Welt gewagt oder bislang nur die Fühler ausgestreckt? Wo auch immer Sie stehen, der »Frugal Innovation Index« des Fraunhofer IAO gibt Ihnen Impulse für die nächsten Schritte. Anhand von zwanzig kurzen Fragen werden die wichtigsten Erfolgsfaktoren in den Bereichen Strategie, Organisation, Innovationsprozess und Kultur abgeklopft.

Quick-Check »Frugal Innovation Index«

Ihre Investition: ca. 15 Minuten Zeit. Ihr Gewinn: fünf Denkanstöße zu nächsten Schritten. Neugierig geworden? Prima, dann geht’s los. Quick-Check »Frugal Innovation Index«

Praktische Unterstützung zum Thema bietet unser Seminar »Frugal Innovation« am 30. Mai 2017 in Stuttgart, bei dem Sie unterstützt durch spannende Vorträge aus der Industrie und Hands-on Methodentraining frugale Konzepte anhand durchgehender Fallstudien entwerfen. Weitere Informationen und Beispiele frugaler Innovationen finden Sie auf unserer Webseite zum Thema.

Ob frugale Innovationen absoluter Blödsinn sind oder einfach nur genial, diskutieren wir gerne mit Ihnen in unserem Blog. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Welche Fragen beschäftigen Sie? Welche Beispiele kennen Sie? Wir freuen uns auf Ihr Feedback!

Liza Wohlfart

Reverse Disruption: Beginnt die analoge Zukunft jetzt?

Neue Technologien, die verbesserte Funktionen ermöglichen, sorgen dafür, dass alte Lösungen oder sogar komplette Industrien vom Markt verschwinden. So lautet zumindest die Regel. Keine Regel ohne Ausnahme: Die Schallplattenverkäufe steigen. Wie kann das sein?

Nach 20-25 Minuten heißt es: Schallplatte umdrehen – es sei denn, man ist im Besitz einer der seltenen selbstdrehenden Plattenspieler (bspw. Sharp Optonica RP-114), dann hat man doppelt so lange Zeit. Über MP3 und Streaming ist man heute endlose Musikbeschallung gewohnt. Und dann solche Nachrichten: Verkaufszuwächse von 50 Prozent in Deutschland, in Großbritannien wird 2016 der höchste Stand an Schallplattenverkäufen seit 1991 erreicht. Und als Auszug aus der Technics Webseite: „Die analoge Zukunft beginnt jetzt“ – Der Grand Class SL-1200G, ein analoger Plattenspieler mit Direktantrieb, kehrt zurück. Und zurück kehrt auch der im Bild gezeigte VW T1 Soundwagon (oder Vinyl-Killer), sowohl als Record-Runner als auch in leicht aktualisierter Form als Rokblok.

Doch was treibt Kunden dazu, zu älteren Technologien zurückzukehren, obwohl neuere Lösungen scheinbar deutliche Vorteile haben? Hier drei ausgewählte Begründungen im Falle der Schallplatte (auch dargestellt im Buch Lost Music von Mario und Marlene Buchinger):

  • Qualität – Schallplatten klingen besser: insbesondere bei kleinem Speichervolumen und Streaming wird das Klangbild reduziert und die Qualität liegt unter der des unkomprimierten Formats (auch wenn unsere Kollegen vom Fraunhofer IIS kontinuierlich daran arbeiten…). Darüber hinaus heißt es, dass der Lautstärkeumfang bei Schallplatten detaillierter ausgeprägt ist.
  • Haptik – Schallplatten kann man anfassen: Haptisch haben Schallplatten klare Vorteile – was wohl jeder bestätigen kann, der schon einmal eine MP3 Datei in den Fingern hatte…
  • Art des Konsums – Schallplatten führen zu bewussterem Musikhören: Schallplatten wird nachgesagt, dass sie die bewusstere Auswahl von Musik und damit das bewusste Konsumieren fördern – nicht zuletzt durch die Verbindung vordefinierte Verbindung von einzelnen Stücken in Alben oder Sampler.

Parallelen zur Musikbranche finden sich auch in der Uhrenindustrie (bspw. der Wandel im Unternehmen Zenith, beschrieben in brandeins 10/2016) oder in der Fotografie (siehe bspw. Polaroid Sofortbildfotografie im Impossible Project, Lomo’Instant Automat  oder Leica Sofort).

Die analoge Zukunft wird die Geschichte wohl nicht umdrehen – aber in Nischen ein berechtigtes Dasein führen. Eine Anregung vielleicht dafür, dass lange gepflegtes (technologisches) Wissen im Falle einer Disruption durchaus erhaltenswert sein kann…auch wenn es bis zur Wiederverwendung etwas Zeit im Untergrund (oder auf dem Dachboden) verbringen muss.

Weitere Informationen:

Sven Schimpf

Publication in EN: Roadmapping in Practice – Timetable towards Success

Understanding trends and potentials at an early stage and integrating them into corporate strategy can generate essential competitive advantages and be the basis for long-term corporate success. One of the challenges is the integration of different business areas as well as the continuous coordination
of interfaces in corporate planning. Integrated planning is often complicated by the use of various planning tools, consideration of different timeframes and last but not least differences in design mindset.
At the event ”Roadmapping in practice: timetable towards success” at the Center for Virtual Engineering ZVE on April 21, 2016, companies reported on the practical usage of roadmaps and the creation of roadmaps in company networks. In addition, latest research insights were presented e. g. insights from the Practical Study on Roadmapping conducted by the Fraunhofer IAO in collaboration with TIM Consulting., In this publication contributions to the event have been edited and supplemented by visualizations that were produced during the event. Furthermore, the organizations that have coordinated or supported the event are presented. The presentation of contributions and organizations are supplemented by selected impressions, as information exchange between participants was the main focus of the event. Practical contributions were provided by industrial companies incl. Trumpf, Endress+Hauser and TomTom complemented by most recent findings from IfM Cambridge, Fraunhofer ISI and Fraunhofer IAO.

We are working on the next Roadmapping Event to be held in September/Octobre 2017 in Stuttgart – being organised in collaboration between CC R&D Management, Fraunhofer IAO and FOM Hochschule. Please do not hesitate to contact us for more information

Additional Information:

Sven Schimpf

Praxisstudie disruptive Technologien und Roadmapping

Disruptive Technologien und die daraus entwickelten Innovationen haben das Potenzial, etablierte Unternehmen am Markt in ihrer Existenz zu bedrohen oder diese nahezu vollständig vom Markt zu verdrängen. Die Identifizierung, Bewertung und Verwertung potenziell disruptiver Technologien (PDT) stellen besondere Herausforderungen für Unternehmen dar. Ziel der „Praxisstudie Disruptive Technologien und Roadmapping“ ist es, mehr über den praktischen Umgang mit diesen PDTs in Unternehmen zu erfahren und insbesondere im Umgang mit PDTs im Rahmen des Roadmapping.

Da sowohl in der Literatur, als auch in der öffentlichen Wahrnehmung unterschiedliche Auffassungen von disruptiven Technologien bzw. Innovationen existieren, werden diese nachfolgend in Anlehnung an Clayton M. Christensen sowie an Erwin Daneels definiert. Die Fragen im Rahmen dieser Umfrage beziehen sich auf diese Definition:

Disruptive Technologien sind Technologien, die bisherige Technologien verdrängen und deshalb den Wert von Investitionen etablierter Unternehmen (Incumbents) in bestehenden Märkten zerstören. Dies beinhaltet disruptive Innovationen die durch den Einsatz disruptiver Technologien entstehen. (Diskussion der Begriffsklärung Teil1:http://s.fhg.de/qX8 und Teil2: http://s.fhg.de/rN7)

Die Studie besteht aus acht Seiten, die in ca. 10-15 Minuten beantwortet werden können. Teilnehmer der Studie erhalten im Nachgang eine Zusammenfassung der Ergebnisse. Die Auswertung und weitere Verwendung der Angaben erfolgt in anonymisierter Form. Persönliche Daten werden nur zum gewünschten Zweck entsprechend den Datenschutzrichtilinien des Fraunhofer IAO verwendet (bspw. zum Versand der Studienergebnisse). Allen Teilnehmern der Studie wird eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse zur Verfügung gestellt.

 Verlängert bis zum 28. Februar 2017!

Wir bedanken uns für Ihre Teilnahme!

Hier der Link zur Umfrage: http://www.ost.iao.fraunhofer.de/roadmap/

Sven Schimpf

Veröffentlichung: Roadmapping in der Praxis – Fahrplan zum Unternehmenserfolg

Roadmapping und insbesondere die Integration unterschiedlichster Planungsebenen in Unternehmen ist nach wie vor eine wesentliche Herausforderung der strategischen Planung. Dies hat sich auch auf unserer Veranstaltung im April 2016 gezeigt, auf der das Themenfeld „Roadmapping“ sowohl aus praktischer als auch aus wissenschaftlicher Perspektive beleuchtet wurde. Damit die Inhalte und Visualisierungen der Veranstaltung sowohl den Teilnehmern als auch allen anderen zur Verfügung stehen, hier nun die Veröffentlichung mit Beiträgen von Rednern und beteiligten Organisationen.

Aus der Praxis berichteten die Unternehmen Trumpf, Endress+Hauser und TomTom. Dies wurde durch Beiträge des IfM Cambridge, dem Fraunhofer ISI und dem Fraunhofer IAO ergänzt.

Die Planung einer weiteren Auflage der Veranstaltung im Jahr 2017 in Kooperation zwischen der Abteilung F&E Management des Fraunhofer IAO und der FOM Hochschule hat bereits begonnen. Bei Interesse freue ich mich über eine Nachricht und halte Sie gerne auf dem Laufenden.

Weitere Informationen:

Sven Schimpf

Thinktank Future R&D: Trends in der Forschung und Entwicklung

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Trends sind ein wesentlicher Treiber der Forschung und Entwicklung. Meist stehen jedoch die Arbeitsinhalte in Form von einzusetzenden Technologien oder Marktanforderungen im Mittelpunkt der Trenddiskussion. Ist die F&E als Abteilung im Unternehmen in ihrer derzeitigen Form aber ausreichend für zukünftige Herausforderungen gewappnet? Welche Trends stehen bei der Gestaltung einer zukunftsfähigen F&E im Mittelpunkt?

Seit einigen Jahren sind wir dabei relevante Trends in der F&E auf unterschiedlichen Ebenen regelmäßig abzufragen. Wissenschaftliche Veröffentlichungen im Bereich F&E Management werden analysiert, F&E Leiter befragt – und nicht zuletzt relevante Entwicklungen in Beratungs- und Forschungsprojekten verfolgt. Anfang dieses Jahres haben wir nun den Thinktank Future R&D ins Leben gerufen, um relevante Trends im F&E Management auch in größerer Runde zu diskutieren.

Genau zu diesem Thema organisieren wir am 29. September gemeinsam mit dem PDMA, der WFS und ISPIM eine Nachmittagmittagsveranstaltung zum Austausch und zur Diskussion relevanter Trends. Auf dem Programm stehen folgende Vorträge aus Industrie und Wissenschaft:

  • Neue Offenheit – der Wandel der R&D im digitalen Zeitalter
    Hyve AG, Dr. Michael Bartl
  • Next Generation R&D: Trends im F&E-Management
    Fraunhofer IAO, Dr. Sven Schimpf
  • Effectuation als neue (notwendige) Tugend im F&E-Management
    Wittenstein AG, Bert Miecznik
  • Vorstellung des Global Trend Networks La Futura
    La Futura, Sascha Eschmann

Über die Vorträge hinaus besteht die Möglichkeit zur Besichtigung des Immersive Engineering Labs im Zentrum für virtuelles Engineering – ZVE des Fraunhofer IAO. Daneben gibt es genügend Raum, um mögliche Trends zu diskutieren.

Weitere Informationen finden sich auf der Veranstaltungswebseite:

Sven Schimpf

Alles ist disruptiv – oder etwa nicht?

Disruption ist in aller Munde, nicht zuletzt mit dem Highlight der Kürung zum Wirtschaftswortes des Jahres 2015 durch die FAZ. Obwohl Prof. Clayton M. Christensen in den meisten Fällen als die prägende Person für diesen Begriff genannt wird, passiert es immer häufiger, dass alles, was mit einem gewissen Neuheitsgrad – und einer besonderen Bedeutung – versehen werden soll, mit dem Begriff der Disruption betitelt wird.

Nach Highlights wie dem Eklat zwischen Prof. Jill Lepore und Prof. Clayton M. Christensen, bei dem die Theorie der disruptiven Innovation in einem Artikel im New Yorker in Frage gestellt wurde, hat sich die Begriffsverwendung heute so weit entwickelt, dass der Urheber der Theorie in verschiedenster Form Stellung bezieht. Einmal wird der Begriff „Quantum Innnovation“ vorgeschlagen, um die Diskussion um die Begrifflichkeit der disruptiven Innovation zu klären, ein anderes Mal wird der Begriff erneut mit Beispielen und anhand eines Kurzfilms dargestellt.

Und natürlich sind andere Autoren, u.a. auch der FAZ, nicht Christenssens Meinung, dass Uber keine disruptive Innovation darstellt. Eines bleibt Prof. Christensen, der disruptive Innovation als Prozess beschreibt, aber trotz allem schuldig: im Gegensatz zu anderen Innnovationsarten gibt es keine kurze und prägnante Aussage, was eine disruptive Innovation nun tatsächlich ist. Hier springen zum Glück andere Autoren ein. So hat Erwin Danneels in einer frühen Diskussion des Ansatzes von Prof. Christenssen eine disruptive Technologie als eine solche definiert, die im Markt eingesetzte Technologien überflüssig macht und die Investiton etablierter Player auf dem Markt (Incumbents) zerstört. Das ist eine schlüssige Zusammenfassung der von Christenssen beschriebenen Merkmale, mit dem Nachteil, dass eine disruptive Technologie, die erfolgreich von den großen, etablierten Playern erkannt und in neue Lösungen integriert wird damit automatisch ihren Status als disruptive Technologie verliert. Zu den wesentlichen Eigenschaften, die eine disruptive Innovation auszeichnen gehören sicherlich Christenssens Low-Cost Characteristik „offered less of what customers in established markets wanted“ oder die später ergänzte new-market Charakteristik „enabling the composition of functionalities in a new way“  sowie die durch weitere Autoren ergänzte Erfüllung der wesentlichen Kundenanforderungen wie bspw. durch Adner als „Dimensions of Performance that are most important to mainstream customers„. Eine wichtige und wesentliche Ergänzung ist auch die von Govindarajan & Kopalle beschriebene Ergänzung der Leistungszusammensetzung als „a combination that is unattractive to mainstream customers at the time of product introduction„. Und dann gibt es noch ergänzende Begriffe wie die Big Bang Disruption oder die Digital Disruption, die jedoch für eine präzisere Definition des Begriffes der Disruption eher außer Acht gelassen werden sollten…

Für Unternehmen ist es – wenn überhaupt relevant – dann zweitrangig,  ob eine Disruption einer bestimmten Definition genügt oder nicht. Das Taxigewerbe fühlt sich so oder so von Unternehmen wie Uber bedroht, die Erfindung des iPhones ist sicherlich nicht ganz unschuldig an der Entwicklung der Handysparte bei Nokia. Die Frage ist, wie über den Tellerrand hinaus geschaut werden kann, um wesentliche Neuerungen frühzeitig zu erkennen. Und natürlich,  wie die Entstehung disruptiver, radikaler oder kundenorientierter  Neuerungen im eigenen Unternehmen gefördert werden kann – nicht zuletzt durch die eigene Forschung und Entwicklung.

Die ideale Kundenerfahrung als Grundlage von Backcasting zur Entwicklung nutzerzentrierter Lösungen wurde bereits vor einiger Zeit kurz vorgestellt. Prof. Christenssen würde die ideale Kundenerfahrung hier wohl als den Job bezeichnen, der durch eine Lösung erfüllt werden soll oder muss. Wie Unternehmen disruptive Technologie-Entwicklungen frühzeitig identifizieren und was hierzu als Good- und Best Practices angesehen wurde haben wir in einer Studie analysiert. Wie mit disruptiven Entwicklungen in der industriellen Forschung und Entwicklung umgegangen werden kann wird auf der R&D Management Conference 2016 in Cambridge in einer eigenen Session diskutiert. Oft scheitert der Umgang mit Neuerungen in Großunternehmen aber weniger an dem fehlenden Wissen über eine technologische Entwicklung, als vielmehr an einer entsprechenden organisatorischen Neuausrichtung von Großunternehmen. Kodak als Erfinder und Opfer der digitalen Fotografie ist sicherlich eines der prominentesten Beispiele.

Das Thema der Disruption sollte also ernst genommen werden. Insbesondere im Rahmen von Entwicklungen wie dem Internet der Dinge, einer zunehmenden Digitalisierung oder Schlagwörtern wie Industrie 4.0 müssen sich Unternehmen mit Themenbereichen auseinandersetzen, die meist außerhalb des Kerngeschäftes und oft auch außerhalb der Kompetenz einer eigenen F&E Abteilung liegen. Über die vom Kunden explizit gewünschten Verbesserungen wird in vielen Fällen in Unternehmen kaum analysiert, welche lösungsunabhängigen Anfordern für die direkten oder indirekten Kunden tatsächlich im Vordergrund stehen. Eine ganzheitliche Ausrichtung der eigenen F&E Abteilung inklusive einer kontinuierlichen Umfeld- und Kundenanalyse, kombiniert mit entsprechenden Optionen um auch Themenbereiche außerhalb des Kerngeschäfts angehen zu können ist zur Absicherung gegen Disruptionen daher ein erster Schritt.

Ein Gedanke zum Abschluss: Es gibt kaum ein besseres Beispiel als die Automobilindustrie für den Grundgedanken der disruptiven Innovation: neben Modellen etablierter Hersteller, die auf zusätzliche Funktionalität setzen, sprießen derzeit kleine Unternehmen aus dem Boden, die einfache und günstige Elektromobile anbieten – ein potenzieller Anfang einer klassischen Low-End Disruption. Bleibt abzuwarten, ob sich hierdurch eine Zerstörung etablierter Player abzeichnen wird.

Weitere Informationen:

Sven Schimpf

Infografik und Ergebnisse: Praxisstudie Roadmapping

Was beinhalten Roadmaps in Unternehmen und wo werden sie eingesetzt? Wie sind sie organisatorisch eingebunden? Welche Informationsquellen nutzen Unternehmen und durch welche Methoden werden Roadmaps ergänzt? Mit welchen Herausforderungen sehen sich Unternehmen konfrontiert und welche Empfehlungen haben sie für den praktischen Einsatz von Roadmaps? Um neue Erkenntnisse zu diesen Fragen zu gewinnen, hat das Fraunhofer IAO in Kooperation mit TIM Consulting von Juli bis September 2015 eine Online- Befragung durchgeführt. Von 156 Antwortsets wurden 81 für die Auswertung berücksichtigt – darunter ausschließlich Unternehmen, die zum Zeitpunkt der Studie Roadmaps einsetzten.

Ein Auschnitt der Ergebnisse ist in der Infografik „Praxisstudie Roadmapping“ zusammengefasst. Untenstehend findet sich darüber hinaus der Link zur Broschüre „Praxisstudie Roadmapping“, die im Januar 2016 veröffentlicht wurde. Die Ergebnisse werden auch auf der Veranstaltung „Roadmapping in der Praxis: Fahrplan zum Unternehmenserfolg“ am 21. April, Fraunhofer IAO in Stuttgart vorgestellt.

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Weitere Informationen:

Sven Schimpf

Roadmapping in der Praxis: Fahrplan zum Unternehmenserfolg – 21. April am Fraunhofer IAO in Stuttgart

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Roadmaps sind ein wichtiges Instrument in der Unternehmensplanung. Speziell in der Technologie-, Produkt- und Strategieplanung können Unternehmen damit komplexe Zusammenhänge strukturiert darstellen. Welche Inhalte sollten jedoch in einer Roadmap enthalten sein, wer übernimmt die Verantwortung auf der Unternehmensebene und welcher Zeithorizont sollte in Roadmaps dargestellt werden?

Anhand der Metapher einer Straßenkarte unterstützen Roadmaps planerische Aufgaben in Unternehmen. Über die Planung einzelner Disziplinen hinaus ermöglichen sie es, unterschiedliche Planungsebenen wie z. B. Produkte, Märkte, FuE-Projekte und Kompetenzen zu verknüpfen. Einzig die zeitliche Einordnung ist der gemeinsame Nenner aller Roadmaps.

Auf der Veranstaltung »Roadmapping: Fahrplan zum Unternehmenserfolg« berichten Unternehmen über den praktischen Einsatz von Roadmaps sowie die Erstellung von Roadmaps in Unternehmensnetzwerken. Neuste Erkenntnisse aus der Forschung werden vorgestellt, u.a. die Ergebnisse der Praxisstudie Roadmapping, die das Fraunhofer IAO 2015 in Kooperation mit TIM Consulting durchgeführt hat.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfahren mehr zum Einsatz von Roadmaps in Unternehmen, lernen spannende Praxisbeispiele und die neuesten Entwicklungen aus der Forschung kennen und haben die Gelegenheit, sich über IT-Unterstützung im Roadmapping zu informieren. In einer interaktiven Session haben die Teilnehmer die Möglichkeit, eigene Fragestellungen einzubringen und anhand aktueller Themenfelder aufzuarbeiten. Die Vernetzung zwischen den maximal 70 Teilnehmern steht dann im Mittelpunkt des Abendprogramms. Dieses wird durch einen Vortrag des Unternehmens Tomtom mit Einblicken in die Zukunft der Navigation als Unterstützung einer smarteren Zielerreichung ergänzt.

Zusätzlich zu den Vorträgen und einem interaktiven Programm stellen ausgewählte Softwarehersteller Lösungen für das Roadmapping in einer Ausstellungsfläche dar.

 

Weitere Informationen:

Sven Schimpf

F&E in Asien: die globale Entwicklung industrieller Forschung und Entwicklung

Asien ist unterdessen die Region in der Welt mit den höchsten Industrieausgaben für die F&E, gefolgt von den USA und Europa. Schnell wirft dies die Frage auf, wie Europa einen „Vorsprung durch Innovation“ aufrechterhalten möchte, vor allem wenn Asien auch die Ränge bei den aus anderen Regionen finanzierten F&E Aktivitäten anführt? Das 2015 EU Industrial R&D Investment Scoreboard sowie die aktuelle Innovation 1000 Studie von PWC Strategy& zeigen auf wie sich die Geldflüsse für die industrielle F&E verändern – und ob dies mit der wahrgenommenen Innovationssprunghöhe zusammenhängt.

  • Unternehmen mit den höchsten F&E Investitionen:
    Volkswagen
    (R&D Investion 2014 von 13.120 Mio €)
  • Von den Studienteilnehmern als innovativstes Unternehmen eingestuft:
    Apple
    (#1 unter den Nennungen 2015)
  • Branche mit den verhältnismäßig höchsten F&E Investitionen:
    Computing & Electronics
    (24,5% des Umsatzes)
  • Land mit dem höchsten Wachstum der industriellen F&E Investitionen:
    China
    (23,6%, 2013 bis zu ersten Jahreshälfte 2015)

Die durchschnittlichen Investitionen in die industrielle F&E steigen seit 2010 kontinuierlich an – und haben in den USA zumindest den Stand vor der Krise wieder erreicht oder sogar überstiegen. Aber ist die Höhe dieser Investitionen entscheidend? Unternehmen, die in der Befragung von PWC Strategy& als Innovativ angesehen werden, schneiden nach Finanzkennzahlen wie beispielsweise dem Umsatzwachstum, dem EBIDA und der Marktkapitalisation besser ab als die Unternehmen mit den höchsten F&E Investitionen. Die Beherrschung der Innovationsprozesse von der Idee bis zur Umsetzung wird als wesentlicher Faktor für erfolgreiche Innovatoren angesehen – aber das sollte nicht als die wichtigste Erkenntnis angesehen werden. Als viel wichtiger ist die Entwicklung bei der globalen Verteilung der F&E Investitionen sowie deren Herkunft anzusehen. Einen sehr schönen Überblick über F&E Investitionen 2015 in den Regionen Nordamerika, Europa und Asien sowie deren Herkunft liefert die folgende Grafik (hier als Screenshot der interaktiven Originalversion von B. Jaruzelski, K. Schwartz und V. Staak 2015):

Kaum ein Unternehmen wird in der Zukunft darum herumkommen die F&E auf verschiedene Regionen zu verteilen, insbesondere wenn die wichtigen Märkte nicht in der Heimatregion angesiedelt sind. Bestätigt durch die Studienergebnisse ist jedoch die Investition kein Garant für den Erfolg als innovatives Unternehmen. Hierzu gehört vielmehr die gezielte Verteilung von Kompetenzen, die Nutzung regionaler und lokaler Stärken sowie eine Verteilung der Wissensgebiete entsprechend der Technologie-, F&E- und Unternehmensstrategie. Wesentliche Herausforderungen, die oft mehr als eine gute Strukturierung von Prozessen und Aufgaben erfordern, liegen bei der Internationalisierung der F&E in den Themenbereichen der Zusammenarbeit und Kommunikation unter Berücksichtigung kultureller und sprachlicher Unterschiede. Neben einer globalen F&E Strategie und der globalen Organisation sollten diese daher in jedem Fall im Internationalisierungsprozess Berücksichtigung finden. Ausführlicher werden Gründe und Erfolgsfaktoren in einem Blogbeitrag zur F&E in Emerging Markets beschrieben, der zwar schon ein paar Jahre alt ist jedoch in den genannten Punkten nichts von seiner Relevanz verloren hat.

Kritisch anzumerken ist wieder einmal, dass in beiden Studien die als F&E Investition ausgewiesenen Ausgaben, im Wesentlichen auf Basis der Kennzahl der F&E Intensität (F&E Investitionen im Verhältnis zum Umsatz) berücksichtigt wurden. Dies führt zu einer Vernachlässigung kundenprojektbasierter F&E Aktivitäten und betrifft insbesondere Branchen wie den Anlagen- und Maschinenbau und die Bauindustrie, die durch diese Tatsache häufig und z.T. fälschlicherweise als wenig innovativ eingestuft werden.

Weitere Informationen:

Sven Schimpf