Zwischen Vision und Wirklichkeit: Wie Science Fiction die strategische Planung ergänzen kann

Seit den 1950er Jahren inspiriert Science Fiction nicht nur Ingenieurinnen und Designer, sondern zunehmend auch die strategische Vorausschau. Ihr Mehrwert liegt in der Fähigkeit, vorstellbare Zukünfte jenseits linearer Trends zu skizzieren. Genau dies haben wir in einer vergleichenden Studie untersucht: Wie unterscheiden sich die Ergebnisse eines Science-Fiction-inspirierten Foresight-Workshops von klassischen Zukunftsstudien?

Die Grenzen datenbasierter Foresight-Ansätze

Seit Jahren lässt sich ein kontinuierlicher und beeindruckender Trend beobachten: Immer mehr Daten sind verfügbar und damit einhergehend steigen auch die Möglichkeiten und die Geschwindigkeit der Auswertung. Dieser Trend zeichnet sich auch in Foresight-Prozessen ab: Kaum ein Unternehmen nutzt nicht die Möglichkeiten strukturierter und datenbasierter Prozesse, um Prognosen für die Zukunft zu erstellen. Und genau hierdurch entsteht der so genannte Future Bias, in dem gegenwärtige und vergangene Entwicklungen durch die verfügbaren Daten in die Zukunft übertragen werden. Im Falle von Entwicklungen, in denen sich Vergangenes wiederholt oder in die Zukunft fortschreibt, kann das ein Vorteil sein – gleichzeitig entwickeln rein datengestützte Zukunftsszenarien implizite »Scheuklappen«: Neue Entwicklungen werden in dieser Art der Zukunftsstudien eher ausgeblendet.

Zwischen Vorstellungskraft und Evidenz

Genau hier kommt die Arbeit von Science-Fiction-Schaffenden ins Spiel: Deren Imagination ermöglicht es, in Filmen oder Büchern die Grenzbereiche zum Fiktionalen als Ergänzung datenbasierter Foresight-Ansätze in die Zukunftsplanung einfließen zu lassen. Wie eine daran orientierte Produktentwicklung aussehen kann, zeigt sich an Beispielen wie dem vom Commuincator aus der Science Fiction-Serie inspirierten StarTAC Klapptelefon von Motorola oder der wiederlandenden Rakete, die bereits 1950 im Science Fiction Film Rocket Ship X-M gezeigt wird.

Comparison of Motorola StarTAC and Communicator of the SF Series Startrek

Abbildung 1: Replika des Communicators zum Einsatz zur Kommunikation zwischen Raumschiffen und Außeneinsätzen in den Jahren 2265-69 aus der Science Fiction-Serie StarTREK (jeweils links) im Vergleich mit dem 1996 gelaunchten StarTAC Klapptelefon von Motorola (jeweils rechts).

Wie aber unterscheiden sich Ergebnisse eines Science Fiction-basierten Foresight tatsächlich von datenbasierten Foresight-Ansätzen? Das wurde in einem Vergleich der Foresight-Aktivitäten zur Zukunft der Innovation im Fraunhofer-Verbund Innovationsforschung untersucht. Auf der einen Seite stand der datenbasierte Ansatz dazu, wie Innovationsaktivitäten im Jahr 2030 stattfinden werden, auf der anderen ein Workshop, in dem die Teilnehmenden Innovationen in Science Fiction-Geschichten oder -Filmen beschreiben durften.

Systematische Nutzung von Science Fiction im Foresight

In vielen Unternehmen wird oder wurde mit Science Fiction im Foresight experimentiert, der strukturierte und durchgängige Einsatz ist jedoch noch eine Seltenheit. Science Fiction-basierte Methoden können als Katalysator dienen, um (un)vorstellbare Aspekte in die Zukunftsforschung ebenso wie in spätere Phasen eines Innovationsprozesses einzubringen. Zur Orientierung des Möglichkeitsraums dient die folgende Übersicht, die durch eine Suche nach Science Fiction-basierten Vorgehensweisen in der Literatur und deren Einordnung im Innovationsprozess entwickelt wurde.

Methodische Ansätze zur Nutzung von Science Fiction im Innovationsprozess

Abbildung 2: Einordnung von Science Fiction-basierten Vorgehensweisen in den Hauptphasen des (frühen) Innovationsprozesses (Quelle: Schimpf, 2025).

Natürlich bleibt die Frage offen, welchen Mehrwert die mit Hilfe von Science Fiction entwickelten Zukünfte bringen. Aber gerade weil datengetriebene Ansätze häufig von der Vergangenheit gebremst werden, kann die Ergänzung durch Science Fiction-basierte Vorgehensweisen helfen, kognitive Grenzen zu verschieben – und so Innovation nicht nur vorherzusehen, sondern neu zu denken.

Fazit: Fiktion als Instrument der Zukunftsforschung

Science Fiction ist kein Selbstzweck und keine Spielerei, sondern ein ernstzunehmendes Werkzeug der Zukunftsforschung. Sie fordert uns heraus, bekannte Denkmuster zu verlassen – und eröffnet Perspektiven, die strategische Foresight-Methoden mit neuen Impulsen bereichern.

Weitere Informationen:

Sven Schimpf

Entscheidungsräume sichtbar machen – Roadmaps als strategisches Planungsinstrument für Transformationen

Je unklarer die Zukunft, desto schwieriger die strategische Unternehmensplanung – und desto notwendiger. In Zeiten multipler Transformationen und Herausforderungen brauchen Unternehmen vor allem Klarheit und Navigation durch den Dschungel an Möglichkeiten, weil nur so sichergestellt werden kann, dass begrenzte Mittel maximalen Mehrwert entfalten können. Roadmapping hat sich bei vielen Unternehmen und Organisationen als Kompass für die Identifikation, Gestaltung und Steuerung der strategischen Planung bewährt. Warum es sich lohnt, Roadmapping als strategisches Planungsinstrument für Transformationen zu entwickeln und dauerhaft zu nutzen, möchte ich hier kurz darstellen.

Straßen verbinden geografische Orte. Roadmaps – Straßenkarten oder Navigationssysteme – unterstützen uns bei der Auswahl des besten Weges zwischen dem Status Quo und einem Ziel in der Zukunft. Roadmaps sind ein Werkzeug der strategischen Planung, das Orientierung schafft, Kommunikation zwischen unterschiedlichen Unternehmensbereichen erleichtert und die Entscheidungsfähigkeit stärkt.

Die Praxisstudie Roadmapping hat eindrucksvoll belegt, dass Roadmaps weit mehr sind als reine Zeitpläne oder technische Übersichten. Sie werden von den befragten Organisationen als visuelle Navigationshilfe genutzt, die Orientierung schafft, verschiedene Stakeholder auf eine gemeinsame Reise mitnimmt und vor allem die Möglichkeit bietet, Entscheidungsräume systematisch zu strukturieren. Gerade bei größeren Veränderungen erweist sich dieser Mehrwert als entscheidend: An Entscheidungspunkten, wo Unsicherheit groß ist, und unterschiedliche Wege offenstehen, können Roadmaps den Blick auf Chancen, Risiken und Abhängigkeiten schärfen – und so die Basis für fundierte Entscheidungen legen.

Handlungsalternativen und Entscheidungspunkte transparent strukturieren

Roadmaps sind ein »Brückenwerkzeug« zwischen Strategie und Umsetzung: Als Instrument der strategischen Planung helfen sie dabei, Schnittstellen zwischen Strategie, operativem Geschäft und Innovationsfeldern zu identifizieren. Dadurch entstehen transparente Verbindungen zwischen der Planung von Geschäftsbereichen und dortigen Innovations-, Technologie-, Kompetenz und Marktentwicklungen.

Das bringt den Mehrwert, dass strategische Planung nicht länger in Silos oder voneinander getrennten Planung einzelner Produkte oder Technologien geschieht, sondern gekoppelt mit operativen Maßnahmen und Innovationsaktivitäten.

Skizze einer Roadmap mit dem Ziel eine Transformation auf unterschiedlichen Ebenen zu planan

Den Weg zur Transformation mit einer strategischen Roadmap planen.

Ein zentrales Ergebnis der Praxisstudie Roadmapping: In vielen Unternehmen werden Roadmaps genutzt, um nicht nur eine Linie, sondern mehrere Pfade oder Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Strategische Roadmaps ermöglichen es, alternative Entwicklungswege – etwa bei Technologien, Geschäftsmodellen oder Marktstrategien – nebeneinander zu stellen und früh in der Planung miteinander zu vergleichen. Das heißt konkret: Entscheidungsträger erkennen nicht nur »den« einen Weg, sondern sehen Abzweigungen, Chancen, Risiken und Abhängigkeiten. Das schafft Entscheidungsräume und stärkt strategische Flexibilität.

Agil aus Prinzip: Dynamik und kontinuierliche Aktualisierung

Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass in 69 Prozent der befragten Organisationen formalisierte Prozesse zur Aktualisierung der Roadmap existieren. Dies zeigt: Roadmaps sind keine statischen Pläne, sondern lebende Dokumente, die regelmäßig reflektiert, modifiziert und an neue Rahmenbedingungen angepasst werden müssen. In Transformationsprozessen ist gerade diese Anpassungsfähigkeit essenziell. Hier gilt es, mit bestehenden Paradigmen zu brechen. Die dezentrale und kontinuierliche Aktualisierung von Handlungsoptionen, relevanten Entwicklungen und Zielbildern muss Hand in Hand mit einer zentralen Koordination und agilen Entscheidungsstrukturen einhergehen.

Methoden, Tools und Datenbasis – Qualität der Planung erhöhen

Die Praxisstudie Roadmapping liefert auch Erkenntnisse über die methodische Untermauerung von Roadmaps. So nutzen über 54 Prozent der Organisationen mindestens ein Reifegradmodell (z. B. TRL, CMM, DMM), um Entwicklungsstadien zu bewerten und zeitlich einzuordnen. Darüber hinaus verwenden etwa 42,5 Prozent der Studienteilnehmenden Portfoliokonzeptionen als Teil des Roadmapping, um Objekte (z. B. Technologien, Kompetenzen, Produkte) zu bewerten und einzuordnen (z. B. nach Risiko, Potenzial, Aufwand). Auch der Einsatz automatisierter Datenanalyseinstrumente ist im Kommen: 28,6 Prozent der Teilnehmenden gaben an, Tools zur automatischen Datenintegration, Konsolidierung oder Anpassung von Roadmaps zu nutzen. Diese methodischen Ergänzungen tragen dazu bei, dass Roadmaps nicht nur visuell ansprechend sind, sondern inhaltlich belastbarer, objektivierter und datengetriebener – und damit strategisch aussagekräftiger.

Was gilt im strategischen Roadmapping von Transformationen zu beachten?

Strategisches Roadmapping lebt vom Top-Management-Commitment und der aktiven Einbindung aller Beteiligten. Die wohl häufigste Herausforderung ist, dass das Management und diverse Abteilungen nicht ausreichend eingebunden sind oder das Instrument des strategischen Roadmapping nicht ernsthaft unterstützt wird. Erfolgreiche Roadmapping-Projekte nutzen oft interdisziplinäre Teams, mit klaren Verantwortlichkeiten und Mandat von oben. Gleichzeitig gilt es, eine Balance zwischen Struktur und Flexibilität zu schaffen. Zu starre oder zu detaillierte Roadmaps werden als hemmend erlebt. Die Kunst besteht darin, Struktur zu geben, ohne die Flexibilität zu ersticken.

Diese Erkenntnisse sind kein »Nice-to-have«, sondern zeigen, dass der Erfolg eines Roadmap-Instruments stark von der organisatorischen Einbettung und methodischen Gestaltung abhängt.

Weitere Informationen:

Sven Schimpf

Eine Straßenkarte für die strategische Planung: Wie kommen Roadmaps in der Praxis tatsächlich zum Einsatz?

Ja klar nutzen wir Roadmaps bei uns in der Organisation“ – das ist die Antwort, die bei der Erwähnung der Methode häufig als direkte Antwort kommt. Schon mit der Rückfrage, welche Ebenen denn in den Roadmaps abgebildet werden – klassischerweise Technologien, Produkte und Märkte – müssen viele Ansprechpartner dann passen. Es stellt sich heraus, dass der Begriff der Roadmap häufig für Projektpläne, die Formulierung von Zielstellungen oder eine Vision verwendet wird. Dieses Phänomen wollten wir mit unserer ersten Durchführung der Praxisstudie Roadmapping etwas genauer untersuchen – und gleichzeitig einen Impuls geben, wie Roadmaps im Umgang mit komplexen (Innovations-)Systemen genutzt werden können. Unsere Studie von damals konnten wir nun in einem internationalen Team und mit vielen Ergänzungen auf den aktuellen Stand bringen.

Was sind Roadmaps überhaupt und wo kommen diese zum Einsatz? Wir verstehen unter Roadmapping ein Werkzeug der strategischen Planung oder des strategischen Managements. Es geht darum, in einem längerfristigen Zeithorizont die Navigation in komplexen (Innovations-)Systemen zu unterstützen. Dazu gehört die Zielfindung ebenso wie der Vergleich unterschiedlicher Handlungsoptionen. Wichtige Elemente einer Roadmap sind die Zeitachse in der der Status Quo, das Zielbild und der Weg zwischen beidem abgebildet wird, und die Abbildung unterschiedlicher Ebenen wie bspw. Technologien, Produkte und Märkte, aber auch Kompetenzen, Komponenten, Prozesse oder Trends.

Roadmaps ermöglichen es, in Anlehnung an die Metapher einer Straßenkarte, unterschiedliche Wege zu einem strategischen Ziel zeitlich einzuordnen, zu verknüpfen, übersichtlich darzustellen und über Organisationseinheiten hinweg transparent planbar zu machen.

Nun zu unserer Studie. Wie bei der ersten Durchführung besteht unsere Zielgruppe aus Organisationen, bei denen Roadmaps im Einsatz sind. Im Update der Studie konnten wir über eine Online-Umfrage 190 Teilnehmende gewinnen. Die Fragen zielen dabei sowohl auf die Inhalte und Ausgestaltung der Roadmaps selbst als auch deren organisatorische Einbindung ab. Daraus ergeben sich vier Gliederungspunkte:

  • Einsatzbereiche und Inhalte von Roadmaps
    Zu welchem Zweck kommen Roadmaps in Organisationen zum Einsatz, welche Inhalte werden über welche Reifestadien hinweg darin abgebildet und welcher Zeithorizont wird berücksichtigt?
  • Organisatorische Einbindung
    In welchen Organisationsbereichen liegt die Zuständigkeit für die Konsolidierung von Roadmaps, wie werden andere Bereiche eingebunden, welche Aktivitäten sind als Prozesse definiert und in welchem Zeitabstand werden die Roadmaps aktualisiert?
  • Informationsquellen, Methoden und Tools
    Auf welche Informationsquellen wird für den Aufbau und die Aktualisierung von Roadmaps zurückgegriffen, welche Methoden komplettieren den Einsatz von Roadmaps und welche Software- und Datenanalyse-Tools kommen unterstützend zum Einsatz?
  • Herausforderungen und Best Practices
    Wo liegen die wesentlichen Herausforderungen des Roadmapping, welche Methoden, Strukturen und Prozesse werden von teilnehmenden Organisationen als empfehlenswert erachtet und was sollte bei der Einführung oder Verstetigung von Roadmaps unbedingt vermieden werden?

Die Auswahl für einen Einblick in die Ergebnisse ist nicht einfach. In der Studie wird sowohl der jeweilige aktuelle Stand dargestellt. Dazu wird auf die Veränderungen im Vergleich zur Durchführung er Studie 2015 und auf die Korrelationen zwischen den unterschiedlichen Ausprägungen eingegangen. Als kleiner Einblick, hier die Übersicht zu den wichtigsten Informationsquellen, die von den Teilnehmenden für die Erstellung und das Update von Roadmaps zum Einsatz kommen. Es zeigt sich hier, dass unter den Teilnehmenden die Marktperspektive die mit Abstand wichtigste Informationsquelle zu sein scheint. In einer detaillierteren Analyse in kombination mit den weiteren Ergebnissen hat sich auch gezeigt, dass diese Marktorientierung sich nicht unbedingt konsistent in den Verantworltlichkeiten widerspiegelt. Ebenso zeigt sich, dass die Nutzung von Informationsquellen mit der Branche der teilnehmenden Organisationen korreliert.

»Was sind die wichtigsten externen Quellen für die Aktualisierung von Roadmaps?« (n=130, Mehrfachnennung möglich), Praxisstudie Roadmapping Update 2023, Seite 18

Die weiteren Einblicke finden sich direkt in der Studie, die als Open Access Veröffentlichung in deutsch und englisch zum kostenfreien Download zur Verfügung steht.

Sven Schimpf

Fit für Innovation?

UPDATE EINES ALTEN BEITRAGES – ÜBER 10 JAHRE ALT, ABER HOCHAKTUELL. DIE ERGEBNISSE WURDEN 2011 VERÖFFENTLICHT:

Fitness wird heutzutage großgeschrieben, Aufbau oder Erhalt der persönlichen Leistungsfähigkeit nimmt einen immer größer werdenden Teil unseres Lebens in Anspruch – nicht zuletzt weil spezialisierte Tätigkeiten oft mit eher einseitigen Kompetenzen und Belastungen verbunden sind. Das stimmt heute ebenso wie vor 10 Jahren – und ist damals im Forschungsprojekt Fit für Innovation bearbeitet worden. Profitieren lässt sich nach wie vor von den Ergebnissen, die in sechs Broschüren veröffentlicht sind. Nicht zu vergessen – natürlich haben sich die beteiligten Unternehmen seither weiter entwickelt…

Was auf individueller Ebene von Vorteil ist kann auch Unternehmen nicht schaden. Vor allem nicht für die Fähigkeit innovative Produkte, Dienstleistungen oder Prozesse zu entwickeln und erfolgreich umzusetzen. Mit dieser Thematik setzt sich die vom BMBF und dem ESF geförderte strategische Partnerschaft „Fit für Innovation“ auseinander. In Arbeitskreisen aus Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Politik sind nun Broschüren entstanden, die themenspezifische Zukunftspotenziale, Praxisbeispiele und wegweisende Empfehlungen in den jeweiligen Bereichen darstellen. Dazu gehören die folgenden Broschüren, die in Arbeitskreisen jeweils in direktem Austausch mit Unternehmen entstanden sind:

1) Innovationsprozesse managen:
Ein Blick auf die Arten und Erfolgsfaktoren von Innovationsprozessen anhand der Praxisbeispiele Bosch Thermodynamik GmbH, Festo Ag & Co. KG, des Fraunhofer IAOFreudenberg Sealing Technologies, Jenoptik, Océ (seit 2020 Canon Production Printing), der Testo AG, der TQ-Group und Giesecke & Devrient.(Download der Broschüre: https://doi.org/10.24406/h-295457)
2) Innovationskultur stärken:
Darstellung von Beispielen, wie die Innovationskultur gestärkt werden kann anhand der Praxisbeispiele der Attocube Systems AG, des IBB Instituts, der Festo AG & Co. KG, Rohnstock Biografien und der SAM Electronics GmbH. (Download der Broschüre: https://doi.org/10.24406/h-295456)
3) Innovationskompetenz entwickeln:
Identifikation von Handlungs- und Forschungsbedarf im Themenfeld der Innovationkompetenz mit Hilfe von Praxisbeispielen der Bundesagentur für Arbeit, ThyssenKrupp Steel Europe AG, Datev eG, der Frankfurt School of Finance & Management, Fraport AG, TÜV Süd, der Hochschule RheinMain in Wiesbaden, der RKW Deutschland GmbH und der Harro Höfliger Verpackungsmaschinen GmbH. (Download der Broschüre: https://doi.org/10.24406/h-295455)
4) Innovation in Netzwerken aufbauen: Untersuchung und Diskussion der Funktions- und Wirkungsmechanismen netzwerkbasierter Innovationsprozesse anhand von Praxisbeispielen der Technologie Management Gruppe, des Borderstep Instituts, der AiF, der strategischen Partnerschaft Sensorik e.V., von Osram, des deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt, Siemens IT Solutions and Services (heute Atos SE), der ATB Arbeit, Technik und Bildung GmbH, der bio.logis GbmH und von future_bizz. (Download der Broschüre: https://doi.org/10.24406/h-295453)
5) Innovationsarbeit gestalten
In diesem Arbeitkreis wurden moderne und flexible Arbeitsinfrastrukuren mit technischen Werzeugen und Methoden untersucht und diskutiert. Als Praxispartner waren die Bibliographisches Institut GmbH, SER Gruppe, Haufe Lexware GmbH, Ergosign Gmbh, Freudenberg Dichtungs- und Schwingungstechnik, Communardo GmbH, Meisterlabs GmbH, SAP SE, Intland Software und Festo AG & Co. KG dabei. (Download der Broschüre: https://doi.org/10.24406/h-295454)
6) Gesundheit als Treiber für Innovation: In diesem Arbeitskreis standen Mitarbeiter als Kompetenzträger für Innovation im Mittelpunkt der Untersuchung und Diskussion. Dabei waren als Praxispartner die Kölner CBT der Caritas, die Core Business Development GmbH, Weleda AG, Volkswagen AG, Wurst Stahlbau GmbH, Techniker Krankenkasse, Otto, Henkel, Metabo GmbH und Unilever. (Download der Broschüre: https://doi.org/10.24406/h-295452)

Ein Blick in die Broschüren lohnt sich für alle, die sich mit dem Thema Innovationsmanagement beschäftigen oder dies in der Zukunft vorhaben. Innovationsprozesse sind natürlich in den letzten 10 Jahren flexibler und agiler geworden – die Grundsätze und Erfolgsfaktoren sind jedoch ähnlich geblieben.

Sven Schimpf

Innovation in Babylon

Wir kennen es von Begriffen, die an Beliebtheit gewinnen. In der Innovationsforschung ist das mit dem Begriff der Innovation seit mehreren Jahrzehnten der Fall – fast kann von babylonischen Verhältnissen gesprochen werden. Ähnliches ist bei der Nachhaltigkeit oder auch der Disruption zu beobachten. Alle sprechen darüber – aber worüber eigentlich?

Es kann große Unterschiede machen, wie das Verständnis einer Innovation ausgeprägt ist: Stellen Sie sich vor, ein Diskussionsteilnehmer versteht unter Innovation die kleinen Verbesserungen des Status Quo, zu denen detailliertes Fach-Knowhow benötigt wird. Ein anderer Diskussionsteilnehmer versteht unter Innovation ausschließlich die großen Innovationsschritte (radikale_Innovation / Sprunginnovation).
Beide sind sich einig, dass hierfür Investitionen getätigt werden müssen. Aber in was eigentlich? Agile und Ambidextre Organisationsstrukturen? Kernkompetenzen? Startups? Ideenmanagementsysteme? oder vielleicht in eine Innovationsroadmap?

Die Begriffsklärung ist oft nicht trivial, da es kaum richtig oder falsch im semantischen Verständnis einzelner Begriffe gibt oder geben kann. Allerdings hilft die Kenntnis des Verständnisses anderer bei jeder Diskussion. Auch die Definition beispielsweise im Unternehmensvokabular für einzelne Abteilungen oder gesamte Organisationen kann hilfreich sein.

Im Video sind Definitionen aus der Literatur gesammelt – nicht um die Herausforderung zu lösen, sondern um die Vielfalt der existierenden Definitionen zur Auswahl zu stellen. Darüber hinaus sollte für das Thema Innovation das betrachtete System (Innovationssystem) spezifiziert werden, für das ein Neuheitsgrad angestrebt wird. Hilfreich ist auch die Art der Innovation zu thematisieren (gängige Beispiele: Produktinnovation, Prozessinnovation, Serviceinnovation, Geschäftsmodellinnovation, Sozialinnovation, Technikinnovation)

Sven Schimpf

Serendipity – Scheinbar zufällige Beobachtung und Kombination eher unscheinbarer Tatsachen

Auf dem Weg von einer Idee bis zu deren erfolgreicher Umsetzung gibt es viele Stationen, Vehikel und Hindernisse. Der glückliche Zufall ist ein Element, das es nicht zu unterschätzen gilt. Doch ist es fraglich, ob wir einfach darauf warten sollten. Eine (kleine) Ode an den Begriff der Serendipität.

Wer weiß das schon? Auf dem Weg zum heutigen Erfolg des MP3 Codec ist es passiert, dass ein australischer Student die Software des Encoders gehackt und damit das Geschäftsmodell der Entwickler grundlegend durcheinander gebracht hat. Gleichzeitig hat dies nicht unwesentlich dazu beigetragen, dass die ganze Welt sich auf die Nutzung dieses neuen Formates gestürzt hat. Franz Miller beschreibt dies anschaulich in seinem Buch: Die MP3 Story. Hier handelt es sich tatsächlich um ein Beispiel des glücklichen Zufalls. Aber nicht umsonst wird Serendipität in der Praxisstudie Disruption von einem Drittel der teilnehmenden Unternehmen als wichtige Informationsquelle zur Identifikation potenziell disruptiver Technologien genannt. Aber muss das tatsächlich Zufall sein?


Die Sage der Prinzen von Serendip :
Drei Königskinder werden von ihrem Vater auf Reisen geschickt. Auf ihrer Reise verfolgen sie eher unscheinbare Hinweise auf ein Kamel, das den Weg vor ihnen zurückgelegt hat. Durch die Kombination dieser zufällig beobachteten Hinweise kommen sie zu verschiedenen Erkenntnissen über das Kamel sowie über dessen Ladung. Sie schlussfolgern, dass das Kamel lahmt, auf einem Auge blind ist und ihm ein Zahn fehlt. Als sie einem Händler begegnen, dem das Kamel entlaufen ist, erzählen sie ihm von ihren Erkenntnissen. Daraufhin beschuldigt der Händler sie, das Kamel gestohlen zu haben. Er verlangt vom Kaiser eine Bestrafung, denn laut ihm kann nur der Dieb des Kamels über die genannten Erkenntnisse verfügen. Dem Kaiser berichten die Königskinder von den beobachteten Hinweisen, über die sie zu den Erkenntnissen über das Kamel gelangt sind: Durch die Spuren war ersichtlich, dass das Kamel lahmt. Das Gras war von derjenigen Seite der Straße gefressen worden, wo es weniger grün ist, also hatten die Prinzen gefolgert, dass das Kamel auf der anderen Seite blind sein muss. Auf dem Weg war angekautes Gras zu finden, wodurch die Prinzen auf die Zahnlücke des Kamels schließen konnten. Am Ende der Geschichte wird das Kamel in der Wüste gefunden und der Kaiser ernennt die Königskinder aufgrund ihrer Beobachtungsgabe zu seinen Beratern.
Entsprechend der Sage der Prinzen von Serendip steht der Begriff der »Serendipity« für Erkenntnisse, die durch die scheinbar zufällige Beobachtung und Kombination eher unscheinbarer Hinweise entstehen.
(Jamison Hodges 1964, Colman 2006, zusammengefasst unter
https://en.wikipedia.org/wiki/The_Three_Princes_of_Serendip)


Dem Zufall zu Innovation auf die Sprünge helfen, so kann das Anliegen formuliert werden. Nur wer kontinuierlich in der Beobachtung des Umfeldes geschult wird und darauf aus ist neue Erkenntnisse in die Umsetzung zu bringen, kann Serendipity leben. Kinder haben diese Begabung, hinterfragen  und entdecken die Welt. Auf dem Weg in unseren Alltag steht diese Begabung häufig nicht mehr im Mittelpunkt. Es gilt diese neu zu lernen, scheinbar zufällig zu beobachten, zu entdecken und das Unscheinbare zu neuen Lösungen zu kombinieren. Nicht zuletzt in Unternehmen im Wechselspiel zwischen größeren Innovationen und effizientem Tagesgeschäft.

Sven Schimpf

Eine kurze Geschichte der Innovation in Unternehmen

Im Fraunhofer-Verbund Innovationsforschung beschäftigen wir uns mit der Zukunft der Innovation. In diesem speziellen Fall weniger, wie die Innovationen, also beispielsweise Produkte, Prozesse, Dienstleistungen oder komplette Lösungen der Zukunft aussehen werden, sondern vielmehr, wie die Innovationsaktivitäten selbst aussehen werden. Hierzu haben wir vor einiger Zeit auch einen Blick in die Vergangenheit geworfen, um besser zu verstehen, wie sich das Thema Innovation in Unternehmen bisher entwickelt hat.

Innovation existiert schon so lange wie die Menschheit. Als Innovationen können hier ebenso die ersten Werkzeuge als auch die Formen des gesellschaftlichen Zusammenlebens gesehen werden. Was für uns im Mittelpunkt stand, war das Management von Innovationen in Unternehmen. Die Anfänge des Umgangs mit Innovationen – und speziell die Bildung von Abteilungen oder Organisationseinheiten, die sich der Entwicklung und Umsetzung neuer Lösungen annehmen – ist im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts zu verorten. Färbereien in Deutschland gehören zu den ersten dokumentierten Unternehmen mit einer eigenen Entwicklungsabteilung. Angelehnt an diesen Startpunkt haben wir in der Literatur in den Bereichen (1) Strategie, (2) Organisation, (3) Prozesse, (4) Mitarbeiter und (5) Methoden und Tools nach Schwerpunkten und Entwicklungen gesucht, in Anlehnung an die Kategorien des Fraunhofer FuE-Assessments.

Zusammengefasst finden sich die Erkenntnisse in den folgenden Grafiken. Die weitergehende Darstellung findet sich in unserem Beitrag hierzu für das Symposium für Vorausschau und Technologieplanung 2018:

Innovationsstrategie

Organisation von Innovationsaktivitäten

Innovationsprozesse

Mitarbeiter in Innovationsaktivitäten

Methoden und Tools zur Unterstützung von Innovationsaktivitäten

Neben den Entwicklungen in jedem dieser Bereiche lassen sich über die Zeit auch unterschiedliche, relativ konstante, Entwicklungstrends erkennen. Immer wird von einer steigenden Komplexität geredet. Vor einigen Jahrzehnten schwerpunktmäßig durch die steigende Wichtigkeit der Märkte, neben dem bis dahin gängigen Fokus auf Technologien. Auch die Diversität mit Hinblick auf die Einbindung unterschiedlicher Disziplinen, Kulturen und Personenkreise steigt kontinuierlich immer weiter an. Ebenso kommen neue Anforderungen hinzu und Bereiche konvergieren.

Was lässt sich mitnehmen? Die Art wie innoviert wird, ändert sich beständig. Die kommenden Generationen werden das anders machen als ihre Vorfahren. Soweit so gut. Für Unternehmen gilt es, neben dem Outcome, d.h. den zu entwickelnden Produkten, Prozessen, Dienstleistungen oder Lösungen, auch die Innovationsaktivitäten selbst regelmäßig auf den Prüfstand zu stellen und zeitgemäß weiterzuentwickeln. Die Kategorien (1) Strategie, (2) Organisation, (3) Prozesse, (4) Mitarbeiter und (5) Methoden & Tools geben hierzu eine Hilfestellung – dürfen aber natürlich gerne durch jedes andere Modell des Innovationsmanagements ersetzt werden.

…und wer über das Thema Innovation die eigene Wettbewerbsposition definiert, sollte auch bei der Gestaltung der Innovationsaktivitäten selbst Raum für Experimente und für innovative Ansätze zulassen.

Weitere Informationen:

Sven Schimpf

Unboxing Science: Die Praxisstudie Disruption

Immer wieder denken wir an den Instituten der Fraunhofer-Gesellschaft darüber nach, wie die Ergebnisse unserer Arbeit am besten kommuniziert werden können.

Die gängige Praxis der Wissenschaft ist sehr inhaltzentriert. Analysen werden durchgeführt, Ergebnisse in Veröffentlichungen wie Studien oder Forschungsberichten veröffentlicht. Wenn das passiert ist, steht meistens bereits das nächste Projekt vor der Tür. So kommt es, dass die Öffentlichkeitswirksamkeit von Projektergebnissen sicherlich noch zu verbessern ist.

In Anlehnung an die zahlreichen, im Internet verfügbaren, unboxing Videos haben wir nun am Fraunhofer IAO ein neues Format ausprobiert: Unboxing Science. Hierbei berichten Wissenschaftler in Kurzform über die wichtigsten Merkmale und Ergebnisse ihrer Arbeit. Ich durfte mich mit der Praxisstudie Disruption mit einem Kurzvideo beteiligen und wünsche viel Spaß dabei:

Disruptive Innovation

Disruptive Innovationen sind Innovationen, die Referenzlösungen im Markt substiuieren und Investitionen beherrschender Marktteilnehmer obsolet machen und darauf basierend die Machtverhältnisse im Markt grundlegend verändern. Ein prominentes Beispiel sind Digitalkameras – die dazu geführt hat, dass traditionelle Marktführer ihre Position verloren haben und z.T.  Insolvenz anmelden mussten.

Disruptive Technologien sind Enabler für disruptive Innovationen. Für den Kameramarkt ist hier sicherlich der Sensor zu nennen. Für den Erfolg der digitalen Fotografie waren aber ebenso die Möglichkeiten der Vernetzung, Speicherung und digitalen Bildbearbeitung erfolgsentscheidend.

Weitere Informationen:

Sven Schimpf

 

Innovationsfinanzierung = Toilettenpapier?
Covid-19 und die Zukunft der Innovation

Vor 2 Jahren hatten wir im Fraunhofer-Verbund Innovationsforschung fünf Thesen aufgestellt, wie Innovation sich bis zum Jahr 2030 weiter entwickeln wird. Obwohl seit SARS relativ klar war, dass eine Pandemie eine mögliche zukünftige Entwicklung sein könnte, hatten wir dies nicht explizit zu den wichtigsten innovationssystemrelevanten Trends bei der Entwicklung der Thesen hinzugenommen. Nun scheint ein guter Zeitpunkt um sich Gedanken zu den Auswirkungen von Covid-19 auf die Zukunft der Innovation zu machen…

Covid-19 und die fünf Thesen für Innovation im Jahr 2030. Beschreibung der Thesen im Impulspapier des Fraunhofer-Verbunds Innovationsforschung (http://s.fhg.de/innovation2030)

Für die Entwicklung der Thesen für Innovation im Jahr 2030 wurden die wichtigsten innovationssystemrelevanten Einflussfaktoren berücksichtigt.  Mögliche Ereignisse wie den Ausbruch einer Pandemie hatten wir dabei in den Projektionen nicht explizit berücksichtigt (Hierzu sei auf entsprechend orientierte Zukunftsstudien verwiesen, wie bspw. Studie „Pandemische Influenza in Deutschland 2020„, die 2013 vom Fraunhofer INT erstellt wurde.)

 

Zu den Einflussfaktoren, die wir auf Basis einer Systemanalyse durch die Clusterung priorisiert hatten, gehört die digitale Transformation verbunden mit einer steigenden Digitalisierung, eine Verbreiterung der Akteursbasis, die steigende Verfügbarkeit von Wissen, eine Weiterentwicklung hin zu integrierten und hybriden Lösungen und eine steigende Komplexität als Rahmenbedingung.

Mit Hinblick auf die Auswirkungen von Covid-19 sticht natürlich sofort die digitale Transformation ins Auge. Die Entwicklung der digitalen Transformation wurde durch die Pandemie, die häufig auch als Digitalisierungs-Booster bezeichnet wird, beschleunigt. These 3  wird daher deutlich stärker in den Fokus gerückt, ein durchgängig digitalisierter Innovationsprozess bereits vor 2030 Realität werden.

Auf die Verbreiterung der Akteursbasis scheint die Pandemie unterschiedliche Auswirkungen zu haben. Einerseits werden persönliche Treffen und damit die von uns gewohnte Art der Zusammenarbeit erheblich erschwert. Anderseits erleichtert die Verbreitung digitaler Kollaborationslösungen die zeitlich und örtlich unabhängige Zusammenarbeit. Je nachdem, wie sich Unternehmen auf die Nutzung dieser Lösungen auch in frühen Innovationsphasen einlassen wird sich die Pandemie, auf die in These 1 beschriebene Offenheit von Innovationsprozessen auswirken. Nach der bisherigen Entwicklung im Rahmen der Pandemie ist die Akteursbasis seit dem Ausbruch von Covid-19 deutlich zurückgegangen.

Die aktuellen Entwicklungen deuten auf eine weitere Steigerung der Verfügbarkeit von Wissen hin. In geförderten Forschungsaktivitäten ist der Trend hin zu Open Science ungebremst, auch ein gesellschaftlicher Trend in diese Richtung zeichnet sich fort. Für Unternehmen allerdings spielt der Einsatz von Schutzrechten im Rahmen der Krisensituation und unter Berücksichtigung einer derzeit steigenden Abschottung zwischen globalen Regionen eine steigende Rolle.

Bei der Entwicklung mit Hinblick auf integrierte Lösungen lässt sich dagegen nur schwer eine Auswirkung erkennen. Hier scheint es sich abzuzeichnen, dass der Trend von Produkten und Dienstleistungen hin zu integrierten und hybriden Lösungen weiter fortschreitet.

Die Komplexität des Innovationsprozess steigt durch die Rahmenbedingungen von Covid-19 derzeit deutlich an. Es gilt neue Formen der Zusammenarbeit zu finden, das Partnernetzwerk mit Hinblick auf resiliente Innovationsaktivitäten zu erweitern und Chancen und Risiken, die sich mit recht hoher Geschwindigkeit im Rahmen der Krise ergeben haben zu berücksichtigen.

Ein möglicher Effekt der Pandemie als Form er Unsicherheit betrifft vor allem Unternehmen: hier zeichnet sich ab, dass Investitionen in das Thema Innovation eine der Einsparungsmaßnahmen darstellen, die wenig bis gar keine kurzfristigen Effekte haben. Mit Hinblick auf die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und die Aufrechterhaltung von Innovationen als Wettbewerbsfaktor gilt es dies zu vermeiden und eher die ein oder andere verfügbare Ressource zu nutzen, um die Innovationskraft zu stärken und neue Herausforderungen aktiv anzugehen.

Weitere Informationen:

Sven Schimpf

Zusammenarbeit. Alle Herausforderungen endlich gelöst?

Zusammenarbeit gehört zum Alltag in jedem Unternehmen, die Fähigkeit dazu wird in den meisten Unternehmen als selbstverständlich angenommen. Reibungslos funktioniert dies jedoch zwischen verschiedenen Persönlichkeiten, Disziplinen oder Sektoren eher selten. Unter dem Titel „Cracking the Code of Sustained Collaboration“ wird nun der Anspruch erhoben, dass Training zu einer Verbesserung der Lage beitragen kann.

Im Harvard Business Review von November-December 2019 werden die Ergebnisse der Forschungsarbeit von Prof. Francesca Gino der Harvard Business School vorgestellt. Was auf den ersten Blick trivial aussieht, kann in der Praxis zu erheblichem Mehrwert mit Hinblick nicht nur auf interdisziplinäre oder cross-industrielle Zusammenarbeit und Innovation führen.

Zum ersten der genannten Werkzeuge muss wahrscheinlich nicht viel hinzugefügt werden: „TEACH PEOPLE TO LISTEN, NOT TALK„. Unterstrichen wird dieser Hinweis damit, dass in Unternehmen (anscheinend) mehr Geld in die Sprachfähigkeit von Mitarbeitern als in deren „Zuhörfähigkeit“ investiert wird.

Das zweite genannte Werkzeug „TRAIN PEOPLE TO PRACTICE EMPATHY“ geht schon fast in eine ähnliche Richtung – dabei jedoch klar über das einfache Zuhören hinaus. Wer kann das schon? Sich in die Rolle eines anderen hineinversetzen oder im englischen schön mit „put yourself in someone else’s shoes“ ausgedrückt. Es geht dabei zu erkennen, was ein anderer tatsächlich fühlt und denkt. Das ist nicht immer im Einklang mit dem Gesagten. Heutzutage steht beim Thema Empathie oftmals der Kunde oder Nutzer im Mittelpunkt – für die Zusammenarbeit dagegen bezieht sich Empathie auf die Teamkollegen.

Beim dritten Werkzeug wird es deutlich schwieriger, da es sich hier um einen tiefgehenden kulturellen Eingriff handeln kann: „MAKE PEOPLE MORE COMFORTABLE WITH FEEDBACK„. Hierbei geht es sowohl um das Senden als auch um das Empfangen von Feedback, oftmals keine kleine Herausforderung unter Berücksichtigung von Hierarchien und impliziten Zielen. Regeln und auch Feedback-Coaching können helfen, die Kultur mittel- und langfristig zu verändern.

Das vierte Werkzeug befindet sich wieder auf der individuellen Ebene: „TEACH PEOPLE TO LEAD AND FOLLOW„. Wer kennt es nicht. Die tagtäglichen Muster der Zusammenarbeit in hierarchischen Mustern lassen sich selten ignorieren. Der Chef übernimmt auch die Leitung in im weniger vertrauten Arbeitsgebieten – der Mitarbeiter lässt sich auch in seinen Expertisebereichen die Richtung vorgeben. Die Kunst des Delegierens kommt hier genauso zum Tragen wie die Förderung der Verantwortungsübernahme.

Neben den anderen Werkzeugen hört sich das fünfte genannte Werkzeug nach einer Trivialität an: „SPEAK WITH CLARITY AND AVOID ABSTRACTIONS„. Insbesondere, wenn in einem Team unterschiedliche Disziplinen, Fachbereiche und Sektoren zusammenkommen ist die gemeinsame Sprache eine der größten Herausforderungen. Oft gerät dies in Vergessenheit und trägt einen nicht unerheblichen Beitrag zu Spannungen und Missverständnissen.

Das sechste genannte Werkzeug wird vermutlich den größten Anklang im Unternehmenskontext finden: „TRAIN PEOPLE TO HAVE WIN-WIN INTERACTIONS„.  Hier lässt sich ein Blick auf die Verhaltensmatrix des Schriftstellers Carlo Maria Cipolla aus seinem Buch „Die Prinzipien der menschlichen Dummheit“ kaum vermeiden. Hier werden intelligente Menschen dort eingeordnet, wo aus ihrem Handeln eigene Vorteile genauso wie Vorteile für andere entstehen.

Zusammenarbeit wird es sicherlich in Zukunft kaum weniger geben als dies heute der Fall ist. Auch das Zusammentreffen unterschiedlicher Disziplinen und Wirtschaftssektoren lässt sich für die Lösung der großen Herausforderungen und die Entwicklung radikalerer Innovationen kaum vermeiden (siehe hierzu: Fünf Thesen zur Zukunft der Innovation). Vielleicht schafft es das ein oder andere Werkzeug ja tatsächlich auf die eigene Todo-Liste?

Weitere Informationen:

Sven Schimpf