Eine Straßenkarte für die strategische Planung: Wie kommen Roadmaps in der Praxis tatsächlich zum Einsatz?

Ja klar nutzen wir Roadmaps bei uns in der Organisation“ – das ist die Antwort, die bei der Erwähnung der Methode häufig als direkte Antwort kommt. Schon mit der Rückfrage, welche Ebenen denn in den Roadmaps abgebildet werden – klassischerweise Technologien, Produkte und Märkte – müssen viele Ansprechpartner dann passen. Es stellt sich heraus, dass der Begriff der Roadmap häufig für Projektpläne, die Formulierung von Zielstellungen oder eine Vision verwendet wird. Dieses Phänomen wollten wir mit unserer ersten Durchführung der Praxisstudie Roadmapping etwas genauer untersuchen – und gleichzeitig einen Impuls geben, wie Roadmaps im Umgang mit komplexen (Innovations-)Systemen genutzt werden können. Unsere Studie von damals konnten wir nun in einem internationalen Team und mit vielen Ergänzungen auf den aktuellen Stand bringen.

Was sind Roadmaps überhaupt und wo kommen diese zum Einsatz? Wir verstehen unter Roadmapping ein Werkzeug der strategischen Planung oder des strategischen Managements. Es geht darum, in einem längerfristigen Zeithorizont die Navigation in komplexen (Innovations-)Systemen zu unterstützen. Dazu gehört die Zielfindung ebenso wie der Vergleich unterschiedlicher Handlungsoptionen. Wichtige Elemente einer Roadmap sind die Zeitachse in der der Status Quo, das Zielbild und der Weg zwischen beidem abgebildet wird, und die Abbildung unterschiedlicher Ebenen wie bspw. Technologien, Produkte und Märkte, aber auch Kompetenzen, Komponenten, Prozesse oder Trends.

Roadmaps ermöglichen es, in Anlehnung an die Metapher einer Straßenkarte, unterschiedliche Wege zu einem strategischen Ziel zeitlich einzuordnen, zu verknüpfen, übersichtlich darzustellen und über Organisationseinheiten hinweg transparent planbar zu machen.

Nun zu unserer Studie. Wie bei der ersten Durchführung besteht unsere Zielgruppe aus Organisationen, bei denen Roadmaps im Einsatz sind. Im Update der Studie konnten wir über eine Online-Umfrage 190 Teilnehmende gewinnen. Die Fragen zielen dabei sowohl auf die Inhalte und Ausgestaltung der Roadmaps selbst als auch deren organisatorische Einbindung ab. Daraus ergeben sich vier Gliederungspunkte:

  • Einsatzbereiche und Inhalte von Roadmaps
    Zu welchem Zweck kommen Roadmaps in Organisationen zum Einsatz, welche Inhalte werden über welche Reifestadien hinweg darin abgebildet und welcher Zeithorizont wird berücksichtigt?
  • Organisatorische Einbindung
    In welchen Organisationsbereichen liegt die Zuständigkeit für die Konsolidierung von Roadmaps, wie werden andere Bereiche eingebunden, welche Aktivitäten sind als Prozesse definiert und in welchem Zeitabstand werden die Roadmaps aktualisiert?
  • Informationsquellen, Methoden und Tools
    Auf welche Informationsquellen wird für den Aufbau und die Aktualisierung von Roadmaps zurückgegriffen, welche Methoden komplettieren den Einsatz von Roadmaps und welche Software- und Datenanalyse-Tools kommen unterstützend zum Einsatz?
  • Herausforderungen und Best Practices
    Wo liegen die wesentlichen Herausforderungen des Roadmapping, welche Methoden, Strukturen und Prozesse werden von teilnehmenden Organisationen als empfehlenswert erachtet und was sollte bei der Einführung oder Verstetigung von Roadmaps unbedingt vermieden werden?

Die Auswahl für einen Einblick in die Ergebnisse ist nicht einfach. In der Studie wird sowohl der jeweilige aktuelle Stand dargestellt. Dazu wird auf die Veränderungen im Vergleich zur Durchführung er Studie 2015 und auf die Korrelationen zwischen den unterschiedlichen Ausprägungen eingegangen. Als kleiner Einblick, hier die Übersicht zu den wichtigsten Informationsquellen, die von den Teilnehmenden für die Erstellung und das Update von Roadmaps zum Einsatz kommen. Es zeigt sich hier, dass unter den Teilnehmenden die Marktperspektive die mit Abstand wichtigste Informationsquelle zu sein scheint. In einer detaillierteren Analyse in kombination mit den weiteren Ergebnissen hat sich auch gezeigt, dass diese Marktorientierung sich nicht unbedingt konsistent in den Verantworltlichkeiten widerspiegelt. Ebenso zeigt sich, dass die Nutzung von Informationsquellen mit der Branche der teilnehmenden Organisationen korreliert.

»Was sind die wichtigsten externen Quellen für die Aktualisierung von Roadmaps?« (n=130, Mehrfachnennung möglich), Praxisstudie Roadmapping Update 2023, Seite 18

Die weiteren Einblicke finden sich direkt in der Studie, die als Open Access Veröffentlichung in deutsch und englisch zum kostenfreien Download zur Verfügung steht.

Sven Schimpf

Die Welt 2050: Protektionismus und nationale Handelsbarrieren – das Szenario »NATIONAL WALLS«

Die Kunst einer robusten Zukunftsplanung ist es, auch Entwicklungen einzuplanen die weniger wünschenswert sind oder nicht der Entwicklung der Vorjahre entsprechen. Wie eine solche Entwicklung dann vielleicht doch schneller relevant werden kann als gewünscht zeigt sich am Szenario „NATIONAL WALLS“ aus der Szenarioentwicklung für die Welt der Rohstoffe 2050.

Die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg ist ausgesetzt. Technologien im Rohstoffsektor werden kaum weiterentwickelt und das Wirtschaftswachstum ist zum Stillstand gekommen. Die globale Unsicherheit führt zu einer nationalistisch orientierten Politik und zu einem entsprechend hohen Ausmaß an Protektionismus.

Klingt düster? Wir haben noch mehr: Forschung und Entwicklung findet im Wesentlichen auf nationaler Ebene statt – und entsprechend existieren High- und Low-tec- Praktiken zur Rohstoffgewinnung nebeneinander. Durch Begrenzungen des Handels wurde der Abbau von Rohstoffen auch in wenig effizienten Regionen wieder aktiviert – ist jedoch durch den Einsatz oft veralteter Technologien eine der weniger attraktiven Industrien für Gesellschaft und Arbeitnehmer.

2016 rein hypothetisch, heute hochaktuell

Leider sieht es momentan so aus, als wären wir auf einem ziemlich guten Weg in diese Zukunft. Tatsächlich handelt es sich um eines von drei Szenarien, die wir im Projekt „INTRAW“ gemeinsam mit Partnern im Jahr 2016 entwickelt haben, um Wirtschaft und Politik bei der strategischen Planung rohstoffrelevanter Themen zu unterstützten. Großbritannien war damals noch ein fester Bestandteil der EU, die liberale Zukunft der Vereinigten Staaten schien unanfechtbar. Ein Szenario wie das oben skizzierte erschien zwar möglich, aber doch eher unwahrscheinlich. Unter den heutigen Meldungen gehören Strafzölle, nationaler Protektionismus und mögliche Handelskriege zur Tagesordnung. Auch wenn diese Situation nicht unbedingt wünschenswert ist – für die Validierung der in INTRAW entwickelten Szenarien hätten wir uns kaum eine bessere Geschichte überlegen können.

Es gibt aber auch positive Nachrichten: Meine nächsten Beiträge drehen sich um die Szenarien »Sustainability Alliance« und »Unlimited Trade«, die als alternative Möglichkeiten zu »National Walls« entwickelt wurden. Und wie dieser Artikel zeigt, kann sich ein heute als unrealistisch und in weiter Ferne liegende Option schneller aktuell werden, als man es für möglich hält.

Was würden Sie Ihrem Unternehmen aus der Zukunft des Szenarios „NATIONAL WALLS“ raten?

Sind Sie auf die angekündigten Handelskriege vorbereitet? Gibt es eine robuste Strategie, um einem verstärkten Protektionismus entgegenzutreten? Oder ist Ihr Erfolg von der globalen und kostengünstigen Verfügbarkeit von Rohstoffen abhängig?

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Sven Schimpf