Entscheidungsräume sichtbar machen – Roadmaps als strategisches Planungsinstrument für Transformationen

Je unklarer die Zukunft, desto schwieriger die strategische Unternehmensplanung – und desto notwendiger. In Zeiten multipler Transformationen und Herausforderungen brauchen Unternehmen vor allem Klarheit und Navigation durch den Dschungel an Möglichkeiten, weil nur so sichergestellt werden kann, dass begrenzte Mittel maximalen Mehrwert entfalten können. Roadmapping hat sich bei vielen Unternehmen und Organisationen als Kompass für die Identifikation, Gestaltung und Steuerung der strategischen Planung bewährt. Warum es sich lohnt, Roadmapping als strategisches Planungsinstrument für Transformationen zu entwickeln und dauerhaft zu nutzen, möchte ich hier kurz darstellen.

Straßen verbinden geografische Orte. Roadmaps – Straßenkarten oder Navigationssysteme – unterstützen uns bei der Auswahl des besten Weges zwischen dem Status Quo und einem Ziel in der Zukunft. Roadmaps sind ein Werkzeug der strategischen Planung, das Orientierung schafft, Kommunikation zwischen unterschiedlichen Unternehmensbereichen erleichtert und die Entscheidungsfähigkeit stärkt.

Die Praxisstudie Roadmapping hat eindrucksvoll belegt, dass Roadmaps weit mehr sind als reine Zeitpläne oder technische Übersichten. Sie werden von den befragten Organisationen als visuelle Navigationshilfe genutzt, die Orientierung schafft, verschiedene Stakeholder auf eine gemeinsame Reise mitnimmt und vor allem die Möglichkeit bietet, Entscheidungsräume systematisch zu strukturieren. Gerade bei größeren Veränderungen erweist sich dieser Mehrwert als entscheidend: An Entscheidungspunkten, wo Unsicherheit groß ist, und unterschiedliche Wege offenstehen, können Roadmaps den Blick auf Chancen, Risiken und Abhängigkeiten schärfen – und so die Basis für fundierte Entscheidungen legen.

Handlungsalternativen und Entscheidungspunkte transparent strukturieren

Roadmaps sind ein »Brückenwerkzeug« zwischen Strategie und Umsetzung: Als Instrument der strategischen Planung helfen sie dabei, Schnittstellen zwischen Strategie, operativem Geschäft und Innovationsfeldern zu identifizieren. Dadurch entstehen transparente Verbindungen zwischen der Planung von Geschäftsbereichen und dortigen Innovations-, Technologie-, Kompetenz und Marktentwicklungen.

Das bringt den Mehrwert, dass strategische Planung nicht länger in Silos oder voneinander getrennten Planung einzelner Produkte oder Technologien geschieht, sondern gekoppelt mit operativen Maßnahmen und Innovationsaktivitäten.

Skizze einer Roadmap mit dem Ziel eine Transformation auf unterschiedlichen Ebenen zu planan

Den Weg zur Transformation mit einer strategischen Roadmap planen.

Ein zentrales Ergebnis der Praxisstudie Roadmapping: In vielen Unternehmen werden Roadmaps genutzt, um nicht nur eine Linie, sondern mehrere Pfade oder Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen. Strategische Roadmaps ermöglichen es, alternative Entwicklungswege – etwa bei Technologien, Geschäftsmodellen oder Marktstrategien – nebeneinander zu stellen und früh in der Planung miteinander zu vergleichen. Das heißt konkret: Entscheidungsträger erkennen nicht nur »den« einen Weg, sondern sehen Abzweigungen, Chancen, Risiken und Abhängigkeiten. Das schafft Entscheidungsräume und stärkt strategische Flexibilität.

Agil aus Prinzip: Dynamik und kontinuierliche Aktualisierung

Ein wichtiges Ergebnis der Studie ist, dass in 69 Prozent der befragten Organisationen formalisierte Prozesse zur Aktualisierung der Roadmap existieren. Dies zeigt: Roadmaps sind keine statischen Pläne, sondern lebende Dokumente, die regelmäßig reflektiert, modifiziert und an neue Rahmenbedingungen angepasst werden müssen. In Transformationsprozessen ist gerade diese Anpassungsfähigkeit essenziell. Hier gilt es, mit bestehenden Paradigmen zu brechen. Die dezentrale und kontinuierliche Aktualisierung von Handlungsoptionen, relevanten Entwicklungen und Zielbildern muss Hand in Hand mit einer zentralen Koordination und agilen Entscheidungsstrukturen einhergehen.

Methoden, Tools und Datenbasis – Qualität der Planung erhöhen

Die Praxisstudie Roadmapping liefert auch Erkenntnisse über die methodische Untermauerung von Roadmaps. So nutzen über 54 Prozent der Organisationen mindestens ein Reifegradmodell (z. B. TRL, CMM, DMM), um Entwicklungsstadien zu bewerten und zeitlich einzuordnen. Darüber hinaus verwenden etwa 42,5 Prozent der Studienteilnehmenden Portfoliokonzeptionen als Teil des Roadmapping, um Objekte (z. B. Technologien, Kompetenzen, Produkte) zu bewerten und einzuordnen (z. B. nach Risiko, Potenzial, Aufwand). Auch der Einsatz automatisierter Datenanalyseinstrumente ist im Kommen: 28,6 Prozent der Teilnehmenden gaben an, Tools zur automatischen Datenintegration, Konsolidierung oder Anpassung von Roadmaps zu nutzen. Diese methodischen Ergänzungen tragen dazu bei, dass Roadmaps nicht nur visuell ansprechend sind, sondern inhaltlich belastbarer, objektivierter und datengetriebener – und damit strategisch aussagekräftiger.

Was gilt im strategischen Roadmapping von Transformationen zu beachten?

Strategisches Roadmapping lebt vom Top-Management-Commitment und der aktiven Einbindung aller Beteiligten. Die wohl häufigste Herausforderung ist, dass das Management und diverse Abteilungen nicht ausreichend eingebunden sind oder das Instrument des strategischen Roadmapping nicht ernsthaft unterstützt wird. Erfolgreiche Roadmapping-Projekte nutzen oft interdisziplinäre Teams, mit klaren Verantwortlichkeiten und Mandat von oben. Gleichzeitig gilt es, eine Balance zwischen Struktur und Flexibilität zu schaffen. Zu starre oder zu detaillierte Roadmaps werden als hemmend erlebt. Die Kunst besteht darin, Struktur zu geben, ohne die Flexibilität zu ersticken.

Diese Erkenntnisse sind kein »Nice-to-have«, sondern zeigen, dass der Erfolg eines Roadmap-Instruments stark von der organisatorischen Einbettung und methodischen Gestaltung abhängt.

Weitere Informationen:

Sven Schimpf

Eine Straßenkarte für die strategische Planung: Wie kommen Roadmaps in der Praxis tatsächlich zum Einsatz?

Ja klar nutzen wir Roadmaps bei uns in der Organisation“ – das ist die Antwort, die bei der Erwähnung der Methode häufig als direkte Antwort kommt. Schon mit der Rückfrage, welche Ebenen denn in den Roadmaps abgebildet werden – klassischerweise Technologien, Produkte und Märkte – müssen viele Ansprechpartner dann passen. Es stellt sich heraus, dass der Begriff der Roadmap häufig für Projektpläne, die Formulierung von Zielstellungen oder eine Vision verwendet wird. Dieses Phänomen wollten wir mit unserer ersten Durchführung der Praxisstudie Roadmapping etwas genauer untersuchen – und gleichzeitig einen Impuls geben, wie Roadmaps im Umgang mit komplexen (Innovations-)Systemen genutzt werden können. Unsere Studie von damals konnten wir nun in einem internationalen Team und mit vielen Ergänzungen auf den aktuellen Stand bringen.

Was sind Roadmaps überhaupt und wo kommen diese zum Einsatz? Wir verstehen unter Roadmapping ein Werkzeug der strategischen Planung oder des strategischen Managements. Es geht darum, in einem längerfristigen Zeithorizont die Navigation in komplexen (Innovations-)Systemen zu unterstützen. Dazu gehört die Zielfindung ebenso wie der Vergleich unterschiedlicher Handlungsoptionen. Wichtige Elemente einer Roadmap sind die Zeitachse in der der Status Quo, das Zielbild und der Weg zwischen beidem abgebildet wird, und die Abbildung unterschiedlicher Ebenen wie bspw. Technologien, Produkte und Märkte, aber auch Kompetenzen, Komponenten, Prozesse oder Trends.

Roadmaps ermöglichen es, in Anlehnung an die Metapher einer Straßenkarte, unterschiedliche Wege zu einem strategischen Ziel zeitlich einzuordnen, zu verknüpfen, übersichtlich darzustellen und über Organisationseinheiten hinweg transparent planbar zu machen.

Nun zu unserer Studie. Wie bei der ersten Durchführung besteht unsere Zielgruppe aus Organisationen, bei denen Roadmaps im Einsatz sind. Im Update der Studie konnten wir über eine Online-Umfrage 190 Teilnehmende gewinnen. Die Fragen zielen dabei sowohl auf die Inhalte und Ausgestaltung der Roadmaps selbst als auch deren organisatorische Einbindung ab. Daraus ergeben sich vier Gliederungspunkte:

  • Einsatzbereiche und Inhalte von Roadmaps
    Zu welchem Zweck kommen Roadmaps in Organisationen zum Einsatz, welche Inhalte werden über welche Reifestadien hinweg darin abgebildet und welcher Zeithorizont wird berücksichtigt?
  • Organisatorische Einbindung
    In welchen Organisationsbereichen liegt die Zuständigkeit für die Konsolidierung von Roadmaps, wie werden andere Bereiche eingebunden, welche Aktivitäten sind als Prozesse definiert und in welchem Zeitabstand werden die Roadmaps aktualisiert?
  • Informationsquellen, Methoden und Tools
    Auf welche Informationsquellen wird für den Aufbau und die Aktualisierung von Roadmaps zurückgegriffen, welche Methoden komplettieren den Einsatz von Roadmaps und welche Software- und Datenanalyse-Tools kommen unterstützend zum Einsatz?
  • Herausforderungen und Best Practices
    Wo liegen die wesentlichen Herausforderungen des Roadmapping, welche Methoden, Strukturen und Prozesse werden von teilnehmenden Organisationen als empfehlenswert erachtet und was sollte bei der Einführung oder Verstetigung von Roadmaps unbedingt vermieden werden?

Die Auswahl für einen Einblick in die Ergebnisse ist nicht einfach. In der Studie wird sowohl der jeweilige aktuelle Stand dargestellt. Dazu wird auf die Veränderungen im Vergleich zur Durchführung er Studie 2015 und auf die Korrelationen zwischen den unterschiedlichen Ausprägungen eingegangen. Als kleiner Einblick, hier die Übersicht zu den wichtigsten Informationsquellen, die von den Teilnehmenden für die Erstellung und das Update von Roadmaps zum Einsatz kommen. Es zeigt sich hier, dass unter den Teilnehmenden die Marktperspektive die mit Abstand wichtigste Informationsquelle zu sein scheint. In einer detaillierteren Analyse in kombination mit den weiteren Ergebnissen hat sich auch gezeigt, dass diese Marktorientierung sich nicht unbedingt konsistent in den Verantworltlichkeiten widerspiegelt. Ebenso zeigt sich, dass die Nutzung von Informationsquellen mit der Branche der teilnehmenden Organisationen korreliert.

»Was sind die wichtigsten externen Quellen für die Aktualisierung von Roadmaps?« (n=130, Mehrfachnennung möglich), Praxisstudie Roadmapping Update 2023, Seite 18

Die weiteren Einblicke finden sich direkt in der Studie, die als Open Access Veröffentlichung in deutsch und englisch zum kostenfreien Download zur Verfügung steht.

Sven Schimpf